Versorgungsausgleich bei langer Trennung

Von diesem Grundsatz kann in Ausnahmefällen aber abgewichen werden, wenn die Teilung aller Rentenanwartschaften, die in der gesamten Ehezeit erworben worden sind, besonders ungerecht erscheint (§ 27 VersAusglG). Dies hat beispielsweise das Oberlandesgericht in Thüringen am 7. Oktober 2013 entschieden, veröffentlicht im Sommer 2014. Die Eheleute hatten im Jahre 1989 geheiratet. Während der Ehe hatte die Ehefrau Rentenanwartschaften aus angestellter Tätigkeit erworben, der Ehemann verfügte als freischaffender Musiker kaum über Rentenanwartschaften aus der Ehezeit. Die Eheleute trennten sich Anfang des Jahres 2000. Erst im April 2008 reichte der Ehemann die Scheidung ein.

Die Ehefrau wollte zunächst erreichen, dass der Versorgungsausgleich komplett ausgeschlossen wird. Sie sei während der Ehe nicht nur durch ihre Erwerbstätigkeit alleine für die finanzielle Versorgung der Familie zuständig gewesen, sie habe darüber hinaus auch die Hauptlast der Betreuung der vier gemeinsamen Kinder der Eheleute getragen. Wenn sie nun auch noch die Hälfte ihrer Rentenanwartschaften aus der gesamten Ehezeit an ihren Mann abgeben müsse, sei dies grob ungerecht.

Das Amtsgericht ist dem Antrag der Ehefrau gefolgt. Das Oberlandesgericht, bei dem der Ehemann die Beschwerde eingelegt hatte, sah die Sache jedoch anders: für die Zeit des Zusammenlebens sei der Versorgungsausgleich durchzuführen. Eine grobe Pflichtverletzung des Ehemannes, zum Unterhalt der Familie beizutragen, die einen Ausschluss des Versorgungsausgleiches auch für diese Zeit möglicherweise gerechtfertigt hätte, konnte das Gericht nicht feststellen. Aufgrund der außergewöhnlich langen Dauer der Trennung der Beteiligten, nämlich acht Jahre, und aufgrund dessen, dass während dieser Zeit keine wirtschaftliche Verbindung mehr zwischen den Beteiligten bestanden hat, hielt das Oberlandesgericht es jedoch für angemessen, den Versorgungsausgleich auf die Zeit bis zum frühestmöglichen Termin für die Einreichung des Scheidungsantrages, also ein Jahr nach der Trennung, zu beschränken.

(Oberlandesgericht Thüringen, Beschluss vom 7. Oktober 2013, Aktenzeichen 1 UF  64/13)

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